Austauschprozesse zwischen Ozean und Atmosphäre

Foschungsthemen und -Methoden

Energie, Wärme und Impuls werden über die Grenzfläche zwischen Atmosphäre und Ozean transportiert. Die physikalischen Mechanismen, die diesen Transport antreiben, sind Gegenstand unserer Forschung. 

Wir setzen einerseits bildgebende Messmethoden ein, um die Wasseroberfläche berührungsfrei untersuchen zu können, wie zum Beispiel das Sichtbarmachen von Gasen in der wellenbewegten Grenzschicht mittels Boundary Layer Imaging (BLI), das auf Fluoreszenz basiert. Andererseits nutzen wir spektroskopische Methoden der Gasanalytik. Dabei arbeiten wir sowohl auf dem Ozean, als auch in Wind-Wellen-Kanälen weltweit, in denen die Randbedinungen wie Windgeschwindigkeit, Luft- und Wassertemperaturen, sowie die Bedeckung der Oberfläche mit oberflächenaktiven Substanzen, die die Wellenbildung hemmen, frei eingestellt werden können.  

 

Aktuelles Forschungsprojekt

Reinhart-Koselleck-Projekt „Quantifizierung der Mechanismen des Gasaustauschs zwischen Ozean und Atmosphäre - Brückenschlag zwischen Labor und Feld durch bildgebende Messungen“ (01/2021-12/2025)

Der wichtige Prozess des Austauschs von klima- und umweltrelevanten Gasen und flüchtigen Stoffen zwischen der Atmosphäre und dem Ozean, wie Kohlendioxid und Methan, ist noch nicht ausreichend verstanden. Messungen des Gastransfers auf dem Ozean wurden bisher nur in einem relativ engen Windgeschwindigkeitsbereich zwischen 4 und 20 m/s mit teilweise widersprüchlichen Ergebnissen durchgeführt. Diese Feldmessungen konnten bisher nicht viel zum Verständnis der zugrunde liegenden physikalischen Mechanismen beitragen. Es fehlen verlässliche Ergebnisse für niedrige Windgeschwindigkeiten, da alle vorhandenen Messverfahren hierfür nicht geeignet sind. Labormessungen in Windwellentanks, die eine Alternative zu Messungen auf dem Meer darstellen, haben den Nachteil, dass die Form der vom Wind erzeugten Wellen auf der Wasseroberfläche eine ganz andere ist als auf dem offenen Meer, wo der Wind viel Zeit hat, die Wellen aufzubauen. Lineare Tanks erlauben nur eine kurze Zeit für die Wechselwirkung zwischen Wind und Wellen (Fetch) und erzeugen daher nur ein junges Windmeer. Selbst in einem ringförmigen Wind-Wellen-Becken mit nahezu unendlichen Wechselwirkungszeiten, wie dem Heidelberger Aeolotron, unterscheiden sich die Wellen von denen auf dem offenen Meer. Wegen der geringen Wassertiefe des Aeolotrons laufen die Wellen langsamer als auf dem Ozean.

In diesem Projekt wird ein völlig neuer Ansatz verfolgt, um die ozeanischen Bedingungen bei niedrigen und mittleren Windgeschwindigkeiten im Heidelberger Aeolotron zum ersten Mal angemessen realistisch zu simulieren. Zwei fortschrittliche bildgebende Verfahren werden eingesetzt, um die Gas- und Wärmeaustauschraten unter instationären Bedingungen im Heidelberger Aeolotron lokal innerhalb von Sekunden zu messen: Mit aktiver Thermographie wird die Wärmeaustauschrate gemessen und mit einer neuen opto-chemischen Technik wird die nur Bruchteile eines Millimeters dicke Massengrenzschicht an der Wasseroberfläche sichtbar gemacht, aus der die lokale Gasaustauschrate bestimmt werden kann. Durch den Einsatz dieser schnellen neuen Techniken können die Prozesse, die den Gas- und Wärmeaustausch steuern, erstmals in Gegenwart von wachsenden und abklingenden Wellenfeldern untersucht werden. Durch die Verwendung von Gasen, die schwerer als Luft sind, als Atmosphäre des Aeolotrons werden hohe Wellenalter, die bisher in einem Wind-Wellen-Tank nicht untersucht wurden, zugänglich. Bei niedrigen Windgeschwindigkeiten wird auch der wichtige Einfluss von oberflächenaktiven Stoffen auf den Gastransfer, die als Abfallprodukte im Stoffwechsel von Meeresorganismen entstehen, eingehend untersucht. Mit diesen Messungen wird schließlich eine physikalisch fundierte Beschreibung der Mechanismen des Gasaustauschs unter ozeanischen Bedingungen möglich sein.

In der zweiten Phase des Projekts wird eine einfache Technik zur Messung des Gas- und Wärmeaustauschs auf dem Ozean in weniger als einer Minute mit einer Auflösung im Metermaßstab entwickelt. Das Instrument besteht lediglich aus einer Wärmebildkamera und bestimmt die Übertragungsrate und die vorherrschenden physikalischen Mechanismen anhand der räumlich-zeitlichen Wärmemuster auf der Meeresoberfläche. Damit kann auch überprüft werden, ob die Labormessungen alle für den Ozean relevanten Mechanismen erfasst haben. Die Messungen auf dem Ozean werden in Zusammenarbeit mit dem GEOMAR in Kiel und dem Institut für Chemie und Biologie des Meeres an der Universität Oldenburg durchgeführt.